Wind oder Walze

Veröffentlicht: 26. August 2019 in Allgemein

                                   20190824_161032Text und Foto: Klaus Gohlke

„Akablas“ feiert seinen 55. Geburtstag mit einem World Tour Konzert in der Braunschweiger Stadthalle

„Akademische Bläservereinigung an der TU Braunschweig“ – klingt eher uncool, staubtrocken. Und dass es diese Truppe schon seit 1964 gibt – ist das nun ein Zeichen von Frische oder von dröghafter Tradition? Wenn man allerdings ihren Social-Media-Countdown bis zum Jubiläumskonzert am Samstagnachmittag in der Braunschweiger Stadthalle anschaut, wirkt das gar nicht so lebensfern-distanziert. 6, 5, 4, 3, 2, 1 Stunde, dann noch 20 Minuten bis zum Beginn – das riecht doch reichlich nach Lampenfieber oder?

„Blasen“ werden die rund 100 Musikerinnen und Musiker umgangsdeutsch locker genannt. Machen sie auch fast alle. Hölzer und Bleche blasen. Als wichtige Würze dazu etwas Schlagzeug und Perkussion.

Das klingt nach „Wall of Sound“, Klangwalze. Beeindruckung durch schiere Überwältigung. Die Engländer sprechen da untertreibend lieblich vom „Wind Orchestra“. Darüber nachsinnend, was es denn nun wirklich ist, Wind oder Walze, beginnt das Konzert schon mit einem Vorkonzert. Einer kleinen Zuhörer-Choreo, wenn  man so will. Rhythmisches Klatschen, Gesangsansätze, Vuvusela-Einsatz. Auf geht’s! Blaseneinmarsch. Gesang schon aus dem Off. „Let me entertain you“, die alte Robbie Williams Nummer.

Aber überhaupt nicht staubtrocken und uncool. Ein Gang durch die populäre Musikgeschichte der letzten 50 Jahre.  Bon Jovi,  Rock ’n‘ Roll – Medley (schön swingend!), später auch einer zur „Neuen Deutschen  Welle“.  Soundtracks aus James Bond und Disney-Produktionen. Durchmischt mit Smash-Hits wie „Hey Jude“ der Beatles und Abbas „Waterloo“. Musical- und TV-Serien-Themen. Und noch ein paar klassische Ohrwürmer, als da wären „You raise me up“ und „We are the world“.

Das nun nicht chronologisch abgewickelt, sondern bunt gemischt und verknüpft mit der Darstellung zentraler Ereignisse aus der Geschichte dieses Blasorchesters. Auch zukünftiger, wie dem September-USA-Trip inklusive Teilnahme an der New Yorker Steuben Parade. Nicht blutarm vorgeführt, sondern gestaltet nach allen Regeln des heutigen Entertainments.  Also multimedialer Ansatz mit Videoprojektionen und konsequenter Publikumsaktivierung. Abwechselnd moderiert durch den musikalischen Leiter des Orchesters, Benedikt Hampel, und den Flügelhornisten und Vereins-Vorständler Jeldrick Powitz. Alles bis ins Detail je nach Musikstück noch liebevoll ausgestaltet mit passenden Requisiten.

Überwältigung durch Klangmasse? Nein. Die Adaptionen,  allesamt von international ausgewiesenen Arrangeuren stammend, wurden so umgesetzt, dass die Klangfarben und Ausdrucksmöglichkeiten der einzelnen Sektionen trotz ihrer Größe gut zum Tragen kamen. Manche Stücke freilich sind besser geeignet. „Hey Jude“ etwa bot viele Möglichkeiten sich zu entfalten, generell die Filmmusiken. Während Pop-Schmalz à la Bon Jovi nicht wirklich sich veredeln ließ. Schön dabei einzelne Soloparts, die man sich häufiger wünschte, wie auch ab und an mehr „Frechheit“, was Harmonik und Rhythmik angeht.

Fast eine Art Familienfest war es mit einem begeisterungswilligen Publikum und Musikerinnen und Musikern, denen der Spaß an der Sache anzumerken war. Klar doch: Stehende Ovationen und ein „Tiger Rag“ in Rekordtempo als Highlight!

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