Gewagtes Spiel des Unterhaltungs-Chefarztes

Veröffentlicht: 18. Oktober 2018 in Allgemein

Wie sich der Braunschweiger Neurologe Dr. Ekkehard Klippel in der Brunsivga als Kabarettist Eco Klippel schlägt.                                         Text und Fotos: Klaus Gohlke

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Is‘ was, Doc? Das Wartezimmer Brunsviga ist überfüllt, doch wo bleibt der Heiler, Dr. Ekkehard Klippel a.k.a. Eco Klippel? Die Minuten zerrinnen, nichts tut sich. Muss denn Eco Klippel, hauptberuflich Neurologe, so gnadenlos demonstrieren, wie die Wirklichkeit in Praxis-Wartezimmern ausschaut? Es ist doch Kleinkunst angesagt in der Brunsviga am noch lauen Mittwochabend! Sein neues Programm „Mutti ist schuld“ nämlich.

Gemach. Doc spielt eben Doc, das kann er am besten. Und so präsentiert er sich als Dr. Eco Klippel. Unterhaltungs-Chefarzt, von einer chinesischen Gesundheitsfirma eingestellt, um Burnout-Patienten zu heilen. Das ist so in etwa der Erzählrahmen, in den eigentlich alles reinpasst. Patienten, wie Igor Potemkin, der für Putin „Fake-WM-Stadien“ baute. Die Social-Media-Influencerin Saskia, für die der Google rollen muss. Und auch der Torero Ramon aus Sevilla, der beruflich wegen einer Kuhhaar-Allergie scheitert (Was ja nicht Burnout ist – oder?).

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Aber auch alles andere aus Eco Klippels bisheriger Produktion ließ sich mehr oder weniger schlüssig integrieren. Die „Rheinische Frohnatur“, ergänzt um die sächsische, die den Vorzug hat, dass man ihre Sprache nicht versteht. „Yoda“, das von Starwars-Time im Altersheim erzählt. Mit Bettpfannen statt Lichtschwertern, eine hübsch-sarkastische Idee. Der Amoklauf-Wunsch gegen die Telekom und ein Loblied auf das Therapeutikum Lithium, das die Herren Putin, Trump und Erdogan in menschenfreundlichere Zustände versetzen könnte.

Manches wirkt aufgesetzt, etwa die Social-Media-Kritik in „Die versaute WhatsApp-Gruppe“. Es gibt aber auch echt starke Momente. Vor allem sein „Gangsta-Hip-Hop-Bachelaaa“ zeigt Klippels feine Beobachtungs- und Parodistengabe. Wie er da so auf der Bühne herumschlakst, eckig zappelt und wortspielt, das begeistert. Und man muss, weil das ja alles schnell abläuft, so mancher gelungenen Sprachspielerei nachtrauern. Dabei auch noch die Dramaturgie des Abends nicht aus dem Blick zu verlieren und die Schreckmomente versagender Technik wegzustecken – Respekt (warum ihm da niemand hilfreich beistand: rätselhaft).

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Neu allerdings – wie es die Patienteninformation alias Vorankündigung – deklarierte, ist das Programm nun nicht. Eine „neue Zusammenstellung“ wäre das präzisere Etikett. Warum die aber „Mutti ist schuld“ überschrieben wird, erschließt sich nicht. Die Mutti wird zwar per Smartphone eingeführt, was aber ihre sinnstiftende Funktion sein soll, bleibt schleierhaft. Wer einen politischen Kontext vermutete, sah sich auch eher in der Sackgasse landen. Frau Merkel wurde kurz im Zusammenhang mit der Frage, was uns denn mit ihren Abgang aus dem Kanzleramt erwarten könnte, ins Spiel gebracht. Die Antwort wurde aber in einer leicht rührseligen Mutterhymne ins sogenannte Allgemein-Menschliche verflüchtigt.

Für das Publikum war es aber offenbar kein Problem. Viel Applaus und Zugabewünsche. War da etwa Lithium im Spiel?

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