Gefühlvoller Blues im Gang zum Gefängnishof

Veröffentlicht: 26. Mai 2018 in Allgemein

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Das erste „Unser Aller Festival“ wird im Gifhorner Schloss erfolgreich eröffnet  Text und Fotos: Klaus Gohlke

Das Gefühl kennt jeder. Am Rande zu stehen, nicht wirklich dazu zu gehören. Wie eingeklemmt zu sein zwischen den Großen, den Erfolgreichen. „Und man siehet die im Lichte, die im Dunkeln sieht man nicht!“, heißt’s treffend in Bertolt Brechts „Moritat von Mackie Messer“. Ein unschönes Gefühl der Unzulänglichkeit, der Ungerechtigkeit und der Vergeblichkeit. Das brennt sich ein, aber nicht nur bei uns Menschen. Nein, auch Landkreise, Städte sind davon angenagt. Klingt komisch? War aber gerade schwarz auf weiß nachlesbar in der Studie „Arbeit und Wohnen“ (wir berichteten darüber). Im Lichte die Städte Braunschweig und Wolfsburg, im Dunkeln die Regions-Landkreise. Zum Beispiel Gifhorn. Platz 31 nur. 36,1 Punkte von 100 in der Rubrik „Freizeit und Natur“.

„Der Teufel scheißt immer auf den größten Haufen!“, sagt dazu der Volksmund sarkastisch. Aber – soll man deswegen Rotz und Wasser heulen, resignierend sich fügen? Zu perspektivlos für den Gifhorner Landrat Dr. Andreas Ebel. Und er ersann wortspielend mit Gleichgesinnten das kulturelle Initiativkonzept „Unser Aller Festival“. Zehn Veranstaltungen an unterschiedlichen Orten des Flächenkreises. Viel Musik ganz unterschiedlicher Genres; Puppenspiel für Erwachsene, Mitmach-Theater für Groß und Klein.

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Coffey

 

Eine famose Idee, so famos wie der Einfall, das Festival mit einer Art „Teaser“ zu eröffnen. Einem Appetitanreger, der die Spannbreite der Veranstaltungsserie in nuce widerspiegeln sollte. Freier Eintritt für jedermann, Musik an unterschiedlichen Stellen des Gifhorner Schlosshofes, fast angemessenes Catering. Da Mutter Natur einen recht warmen Blick auf die Veranstaltung warf, wäre ein zweiter Getränkeausschank gut gewesen.

Und die Umsetzung dieser Idee? Nun, Licht und Schatten. Den Opener des Abends musste der Braunschweiger Pianist Jan Behrens spielen. Und er tat das souverän, den Publikumsgeschmack fein treffend mit eingängigen, aber niveauvoll präsentierten Stücken. Hier eine schöne Bluesimprovisation, da eine angejazzte Bearbeitung eines alten Clapton-Ohrwurmes. Man konnte hören, wie Musik geht.

Aber muss denn eine offizielle Eröffnung des Abends, die dann folgte, langweilender Stimmungstöter sein? Ja, sein muss sie, aber warum so? Warum kein freier Vortrag und wenn schon abgelesen, warum nicht mit rhetorischem Geschick, was ja auch denkbar wäre?

Dass man dann das Josef Ziga Septett mit Musikern des Braunschweiger Staatstheaters nur dumpf und entfernt wahrnahm, lag auch am Spielort, dem recht abgeschlossenen Torbogen. Vor allem aber die Ton-Übertragung in den Schlosshof war grottenschlecht. Wie man sich auch die Abmischung bei der Soul-Rock-Formation „Coffey“ angemessener vorstellen konnte. In diesem Falle die Stimme deutlichst im Vordergrund. Wozu singt man denn deutschsprachige Texte, wenn nicht zum Verstehen?

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Honolulus

 

Es geht hier nicht um Perfektionsideale. Es geht um die optimale Umsetzung einer an sich guten Idee. Perfekt war ja etwa der Auftritt der „Honululus“ nicht. Deutschsprachige Schlagerklassiker, die offenbar schon zum Kulturgut geronnen sind, wurden singend und vorsichtig tanzend vom zahlreich erschienenen und begeisterungsfähigen Publikum gefeiert. Patzer hier und da, die noch fehlender Auftrittsroutine geschuldet waren, spielten eben keine Rolle. Wichtig war das Herzblut der „Ladies in Red“.

Insgesamt ein durchaus verheißungsvoller, viel Zustimmung findender Start in die kommende Konzertserie.

Kommende Konzerte:

  1. 5.: Liedfett 26.5.: Antje Schomaker 28.5.: Anna Depenbusch 29.5.: Tingvall Trio

30.5.: René Mark 31.5.: Alte Bekannte 2.6.: Staatsorchester Braunschweig 3.6. Jim Knopf; Heinz Rudolf Kunze

 

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