Geysir der totalen Revolution!

Veröffentlicht: 7. Mai 2018 in Allgemein

20180505_200001Das Niederdeutsche Theater Braunschweig karikiert den Kunstbetrieb mit der ersten plattdeutschen Version eines Kishon-Stücks.                       Text und Fotos: Klaus Gohlke

Hier kriegt der Kritiker sein Fett weg. Als üblen Windhund, als Rosstäuscher, stellt ihn Ephraim Kishon in seiner Kunstsatire vor. Als einen, der sein Geschäft darin sieht, die arglose Öffentlichkeit hinters Licht zu führen. Er bestimmt die Richtungen, in die sich der Kunstwind zu drehen hat. In mafiösem Zusammenspiel mit seinem Kompagnon, einem Kunsthändler und Mäzen, geht der Daumen hoch oder aber runter.

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Das wird gezeigt am Beispiel des guten, des armen Malers Raphael (Raphael? Wenn das man keine geheime Anspielung ist!). Er will malen, gegenständlich. Dafür aber gibt es keinen Markt. Weil der Großkritiker es so bestimmt. Also darbt er im Beisein seines Modells und Muse Dahlia. Über Nacht aber wird er berühmt, als der Herr Kunst(hin)richter im armseligen Atelier eine künstlerische Revolution zu entdecken meint: einen Turm aus übereinandergestapelten Stühlen und Tischchen, gekrönt von einem Wasserkocher, dessen Kabel mit einer Steckdose an der Zimmerdecke verbunden ist. Eine Haushalts-Notkonstruktion, die der Kritiker zum „vitalen konstruktiven Symbolismus“ versprachnebelt, zum „Mobiliarismus“, zum „Geysir der totalen Revolution“ gar. Schon ist „Raffi“ der gemachte Mann, freilich: sehr ungern! Deshalb Protest am Ende und ab.20180505_195318

Kishons bitterbös-satirisches Theaterstück aus dem Jahre 1968 „Zieh den Stecker raus, das Wasser kocht!“ erlebt in Braunschweig seine Erstaufführung in niederdeutscher Sprache. Also: „Treck den Stecker rut, dat Water kaakt!“ Übrigens: die Aufführung im Roten Saal ist durchaus gut zu verstehen für Hochdeutsche.

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Das Stück ist eher eine Typenkomödie mit derbem Pinselstrich, voller Klischees über moderne Kunst, das Künstlerleben und den Kulturbetrieb. Es gibt die herzhaften Lacher, spontanen Beifallsbekundungen, auch Zwischenrufe. Aber aufgrund der klaren Regie Angelika Köchers und der engagierten Leistung des Amateurtheater-Teams wird das nicht zum billigen Spiel mit Vorurteilen, sondern zu einem „Nachdenker“ über Vermarktungsprinzipien der Kulturindustrie weit über die Darstellende Kunst hinaus.

Wieder am 13.und 20. Mai, je 16 und 19.30 Uhr, im Roten Saal im Schloss.

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