Der Bass ist die Wirbelsäule
Die Musik ist viel, aber längst nicht alles für den Braunschweiger Bassisten Heinrich Römisch
„Ja, bis ganz oben herauf!“, ruft eine freundliche Stimme aufmunternd ins Treppenhaus. Vierter Stock im Altbau, schweißtreibend. Hell die Wohnung, ein weiter Blick über die Stadt. Aha, dort die Arbeitsgeräte des Mannes: ein Kontrabass, daneben ein wunderschöner Sandberg-E-Bass, schließlich noch eine Bassgitarre. Schallplatten, viele CDs in den Regalen und die Wände voller Bilder. Überwiegend Porträts von Jazzmusikern. Ja, so stellt man sich die Welt des Heinrich Römisch vor, einer der umtriebigsten Bassisten Braunschweigs.
„Wir können auch noch nach oben gehen, dort ist mein Atelier!“ Atelier? Oben? In der Tat. Die zweite Welt des Heinrich Römisch tut sich hier auf, die Welt des Grafikers und Malers. Ein Phänomen, der Mann. Öffentlich bekannt vor allem als Musiker. Zuhause ist er aber in zwei Welten. Welche Welt die erste ist? Römisch zögert. „Ich habe an der HBK studiert, Schwerpunkt Grafik-Design. Das mache ich auch beruflich. Das Malen mache ich nebenbei. Die Bilder unten, die Musikerporträts, alle von mir!“ Da klingt Stolz mit.
„Studiert habe ich Musik nicht. Ich bin Autodidakt!“ Das verblüfft, denn er ist bekannt als versierter Multi-Stilist. Jazz, Rock, Latin, Flamenco, Blues. Und auf Tour sogar mit „The German Boss“, der Springsteen-Cover-Band. Er kann alles und Berührungsängste kennt er nicht.
„Ich hatte Glück im Leben! Als ich mit 17 aus Polen hier nach Braunschweig kam, ging ich in der IGS-Weststadt zur Schule. Ich hatte viele Förderer, beim Sprach- und beim Musikunterricht. Es war die Zeit der großen Progressive-Rock-Gruppen, wie King Crimson, Yes, Zappa. Es gab in der Schule Bands, und da machte ich mit. Rock, Jazz!“ Und warum Bass? „Den wollte keiner spielen, damit konnte man nicht so auf den Putz hauen, wie mit Gitarre oder Schlagzeug. Also übernahm ich den Basspart!“
Das aber nicht resignativ, im Gegenteil. „Der Bass ist in der Band die Wirbelsäule, die anderen Instrumente sind die Organe drum herum“, sagt er selbstbewusst.
Was ihn interessiert, das sind „Grenzüberschreitungen“. Römisch meint damit die Verbindung von Musik mit Theater, Literatur, Bildender Kunst, Film. Z.B. „Chettin‘3“ im kommenden September im Herrenhaus in Sickte. Das Jazztrio spielt Musik des legendären Trompeters Chet Baker, eingeflochten sind Lesungen aus Texten der Beat-Generation. Oder das Eulenspiegel-Projekt, bei dem die Musik den Text widerspiegelt, alles als szenische Darstellung konzipiert.
Zutiefst beeindruckend seine „Soundscapes“, Klanglandschaften, die sich auf seine polnische Heimat beziehen, eine Region, die man als eine Art Ruhrgebiet bezeichnen könnte. Eine sehr komplexe Sache, produziert zusammen mit seinem Freund Grzegorz Zgraja: Filmmitschnitte aus der Bergbau-Untertagewelt, Tonaufzeichnungen der Maschinensounds dort und dann alles zusammen kombiniert im „Konzert“ mit Live-Einspielungen. Uraufgeführt in Gliwice.
„Weißt du, du musst mit deiner Musik, deinen Bildern, was auch immer, neue Sichtweisen ermöglichen. Die Grenzen der einzelnen Künste sind dafür zu überschreiten!“, sagt Römisch etwas programmatisch. Gleichviel: Ein interessanter Wanderer zwischen den Kunst-Welten.
Lieber Heinrich, möchtest Du einen bass kaufen für 250 Euro,neuwertig, umzugsbedingt?
Oder kennst Du jemanden, einen Schüler oder so?
Er hat 698 Euro gekostet.
Viele Grüße
Karin Schlesiger
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