Sinfonie mit 5000 PS

Veröffentlicht: 22. Juli 2015 in Allgemein
Soundscapes Motor & Emotions. Innovatives Klangerlebnis für Violine, Horn, Schlagzeug, Klavier, Kontrabass, 5.000 PS und 20.000 Watt, komponiert von Bernfried Pröve. In der BSR-Autohalle in Braunschweig am 18.July 2015. Foto: Rüdiger Knuth

Soundscapes Motor & Emotions. Innovatives Klangerlebnis für Violine, Horn, Schlagzeug, Klavier, Kontrabass, 5.000 PS und 20.000 Watt, komponiert von Bernfried Pröve. In der BSR-Autohalle in Braunschweig am 18.July 2015. Foto: Rüdiger Knuth

Der Braunschweiger Komponist Bernfried Pröve gibt eine Vorschau auf die Aufführung seiner Sinfonie „Soundscapes. Motor & Emotion“

Man glaubt es nicht, aber man muss es. Ein Dirigent und Komponist inmitten einer riesigen Autohalle, einem Oldtimer-Museum, der BSR-Autohalle in Braunschweigs Aussigstraße. Tadellos gedresst der Mann: Schwarzer Anzug, weißes Hemd, Fliege. Sechs Musiker des Orchesters des Staatstheaters Braunschweig mit von der Partie. Schlagzeuger und Pianist direkt vor sich; Hornist, Violonist, Kontrabassist und Schlagwerker oben auf der Empore. Alle orientieren sich an exakt notierten  Partituren.

Soundscapes Motor & Emotions. Innovatives Klangerlebnis für Violine, Horn, Schlagzeug, Klavier, Kontrabass, 5.000 PS und 20.000 Watt, komponiert von Bernfried Pröve. In der BSR-Autohalle in Braunschweig am 18.July 2015. Foto: Rüdiger Knuth

Soundscapes Motor & Emotions. Innovatives Klangerlebnis für Violine, Horn, Schlagzeug, Klavier, Kontrabass, 5.000 PS und 20.000 Watt, komponiert von Bernfried Pröve. In der BSR-Autohalle in Braunschweig am 18.July 2015. Foto: Rüdiger Knuth

Und unten hinter sich oder seitwärts oder vor sich – der Dirigent ist von ungebremster Beweglichkeit – das Unfassbare: zwei aufbrüllende  V8 Saugmotoren. 6,2 Liter, 570 PS. Die Herzen zweier Mercedes SLG-AMG-Coupé Cabriolet. Der Dirigent wedelt wild mit den Armen, verlangt „Furioso“ von den Maschinisten im Auto. Es brüllt auf, es fehlzündet ab und an. Beschwichtigungen seitens des Dirigats: Decrescendo ist angesagt. Die Musiker, insbesondere der Schlagzeuger, versuchen in allen Lagen dagegen oder mitzuhalten. Die Snare knallt ordentlich dazwischen.

Pause. Das war der 9. der 15-sätzigen Sinfonie „Soundscapes. Motor and Emotions“, komponiert vom Braunschweiger Komponisten Bernfried Pröve. Eine Vorschau für interessierte Schülerinnen und Schüler der Grundschule Rheinring in der Weststadt samt Klassenlehrerin Antje Braun und Eltern, aber auch für die Presse. Eine Vorschau auf die für den Oktober des Jahres avisierte Uraufführung des Gesamtwerkes am selbigen Orte.

Soundscapes Motor & Emotions. Innovatives Klangerlebnis für Violine, Horn, Schlagzeug, Klavier, Kontrabass, 5.000 PS und 20.000 Watt, komponiert von Bernfried Pröve. In der BSR-Autohalle in Braunschweig am 18.July 2015. Foto: Rüdiger Knuth

Soundscapes Motor & Emotions. Innovatives Klangerlebnis für Violine, Horn, Schlagzeug, Klavier, Kontrabass, 5.000 PS und 20.000 Watt, komponiert von Bernfried Pröve. In der BSR-Autohalle in Braunschweig am 18.July 2015. Foto: Rüdiger Knuth

Das klingt alles ein wenig abgedreht, ist aber musikhistorisch betrachtet, nicht völlig neu. Dass  Musik  auch Geräusche des Alltags umfasst, nicht nur ein festes tonales System bedeutet, kennt man aus der Neuen Musik. Pröves Ansatz steht Stockhausens „Helikopter-Quartett“  in gewisser Weise nahe, bei dem die Rotorblätter als Instrumente fungierten, die in die Streicherklänge eingebaut wurden. Alles hochkomplex und u.a. in Braunschweig zur Aufführung gebracht.

Pröve hat da mehr Bodenhaftung. Es geht ihm um die Synthese zwischen Instrumentalklang, Vierspur-Elektronik und tief schwingendem Motorensound. Und zwar auf wissenschaftlicher Basis. Die Motorengeräusche ließ er in der PTB Braunschweig und einem Institut in Paris physikalisch untersuchen. Eine sogenannte Klangspektrumsanalyse. Und siehe: Motorenklänge sind komplex und auch wunderschön, sodass eine Zusammenführung traditionell tonaler Musik und dieser Klangkomplexe sich anbot.

Pröve will ins Guinness-Buch der Rekorde. „Es gibt keine Sinfonie derzeit, die 15 Sätze umfasst. Und: Es gibt kein Konzert mit 5000 PS!“, so Pröve begeistert.

Dabei ist ihm dann noch wichtig, dass es nicht etwa um eine Verherrlichung des Automobils gehe. Vielmehr werde durch Rückgriff auf Texte von E.T.A. Hoffmanns „Sandmann“ auch die Kritik an der Technik-Verblendung formuliert.

„Ach!“, seufzt Pröve dann.. „Dahinter steckt natürlich auch Nostalgie. Diese Motoren gibt es doch im Zeichen der Elektro-Mobilität bald nicht mehr!“ Stimmt. Eine Sinfonie mit dem Sound von E-Motoren fiele sehr anders aus. Man darf auf den Tag der Welturaufführung gespannt sein.

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