Soul Jazz Factor

Veröffentlicht: 26. März 2015 in Allgemein

                          Keine Jazz-Wiederaufbereitungsanlage

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„Soul Jazz Factor“ spielt im Braunschweiger LOT-Theater zeitlosen Hard Bop

 

Der Einstieg war zweifellos. Kräftige Unisono-Riffs von Altsax und Trompete, unterfüttert vom Groove der Rhythmus-Sektion. Das alles variiert wiederholt und schon war das Thema umrissen. Was folgte, war die Ausführung in mehreren Akten. Soul Jazz, so viel war sofort klar, sollte keine milde Seelenbeglückung sein, sondern erwecken.

Dabei war diese Musik im zentralen Teilen eine Art Griff in die Kiste der Jazzgeschichte, ein Sprung zurück in die 60er Jahre. Das ist verdammt lang her, wirkte aber nirgendwo angestaubt, war nicht Retro-Getue, auch nicht nostalgisches Seufzen von besseren Zeiten damals. Die Band präsentierte Musik, die ihre schwarzen Wurzeln offensiv herausstrich, die in die Knochen gehen, die sich nicht dem Rausch der Geschwindigkeit länger hingeben wollte. Kein Zergrübeln über immer komplexere Akkordgestaltung. Stattdessen Versöhnung von Kopf, „Restkörper“ inklusive Seele. Kurz: Hard Bop. Und der mit eigenen Kompositionen, keine Wiederaufbereitung der Hits von damals.

Vincent Herring 1Jeremy Pelt 1

So weit, so gut. Das wäre aber nicht genug, käme da nicht noch das Können und die Präsenz der Musiker hinzu. Allen voran der Altmeister Vincent Herring am Altsaxofon, dicht gefolgt von Jeremy Pelt an der Trompete. Meisterhaft ihr Umgang mit Spannungsaufbau und –Reduzierung, mit Veränderungen der Tempogestaltung, der Akzentsetzungen in den Soloparts. Souverän verfügten sie über die Stilmittel unterschiedlicher Jazzgenres. Merkwürdiger Widerspruch bei Herring: So präzise seine Sololäufe waren, so weitschweifig seine Erläuterungen zu Songtiteln. Disziplin hier hätte einen Song mehr gebracht.John Arman 2

Neben diesen erfahrenen US-amerikanischen Altmeistern wirkte der junge österreichische Gitarrist John Arman fast ein wenig verschüchtert. Dabei gelangen ihm feine Soli, sowohl  im  akkord- als auch im Einzelsaitenspiel auf seiner fast clean eingestellten Gitarre. Seine Harmoniebegleitung war oft allerdings kaum wahr zu nehmen, wenn Jared Gold an seinem Keyboard mit Hammond-B3-Sound-Engine sich auch auf diesem Feld tummelte.

Jared Gold 1Jared Gold 2

Seine Dreifach-Aufgabe – neben der Harmoniearbeit noch die Bassbegleitung und schließlich die Soloimprovisation – löste er souverän. Sehr eindrucksvoll etwa sein Gospel-Intro in „You got soul“. Mit wenigen Akkordtupfern schuf er einen nahezu authentischen Orgelsound, wie man ihn aus US-Baptistenkirchen kennt.  Wenige Akkordverschiebungen allerdings hoben die zu intensive Einfühlungsszenerie ironisch auf. Ein Meister seines Fachs, was allerdings nicht zuletzt auch für Joris Dudli, den schweizerisch-österreichischen Schlagzeuger, gilt. Hard Bop muss grooven, braucht einen klaren Beat. Nicht Sache des Schlagzeugers allein, aber ohne ihn nicht machbar. Dudli spielte völlig uneigennützig funktional, zeigte aber in seinen Soli, dass er sehr viel mehr als nur Taktgeber ist.

Joris Dudli 3

So sehr die Soli auch beeindruckten – einen gleichen Rang gebührt dem perfekten Zusammenspiel der Band. Das Publikum war nachhaltig beeindruckt und bekam die geforderte Zulage.

P.S.: Joris Dudli im E-Mail gestern zum Konzert im LOT-Theater: „Das Ambiente ist das beste, das ich bisher in Braunschweig erleben durfte, der Saal hat eine super Akustik, und es war sehr gut besucht!“ Stimmt.

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