Magische Momente
Ein Porträt des Braunschweiger Jazzpianisten Konrad Brinckmeier anlässlich seiner CD-Einspielung „Elmweg“
Eine prächtige Ziege blickt neugierig auf den Ankommenden. Es kräht ein Hahn. Der Wind verscheucht die Wolken, Sonnenlicht bricht durch. Rötgesbüttel, Campingplatz. „Idyllisch gelegene, teilparzellierte, ebene Wiesenlichtungen inmitten eines Heidewaldes laden Sie ein…“ So steht es in der Homepage der Gemeinde nahe Gifhorn. Und hier steht der Braunschweiger Jazzpianist Konrad Brinckmeier vor seiner „Datsche“. „ Ist doch schöner hier als in der Stadt!“ Ein Künstlerrefugium, so scheint es. Rückzugs- oder Fluchtort?
Brinckmeier hat mit seinem Quartett eine CD eingespielt. Alles bekannte Braunschweiger Jazzgrößen, die ihn begleiten. Bernd Dallmann am Altsax, Dietmar Osterburg am Bass, Eddie Filipp am Schlagzeug, zweimal als Gast Peter M. Haas am Akkordeon. „Elmweg“ heißt der Silberling. 12 Stücke. Eine abwechslungsreiche Mixtur. Schöne langsame Balladen (Trinitatis), auch mal mit Tangobasis (Mandala); echte Up-Tempo-Feger (Phil’s Song), romantische Anklänge, die durch Tempobrüche aufgelockert werden (Zomeravond).
Es ist moderner Jazz, der nicht zeitgemäß sein will. Hinter den Kompositionen und Improvisationen verbirgt sich intellektuelles Understatement. Kopfmusik, nein danke! Eine gewisse Eingängigkeit wird angestrebt, ja, sogar Singbarkeit. Man kann sich den Klängen konzentriert widmen, das alles aber durchaus auch im Hintergrund laufen lassen. Die positive rhythmische Energie zieht oftmals in die Songs hinein, die vom Aufbau in sich rund erscheinen. Und insofern sie keinem Zeitgeist, keinem musikalischen Trend folgen wollen, sind sie authentisch.
Und wie kommt man auf derartige Kompositionen? Brinckmeier blickt nach draußen und setzt sich dann an sein E-Piano. „Das ist Inspiration. Wenn man hier von draußen rein kommt, frisch, voller Energie oder aber so etwas wie naturverklärt, und dann ans Klavier geht, dann gibt es diese magischen Momente. Eine schöne Tonfolge ist plötzlich da, eine geheimnisvolle Akkordverbindung. Zufälle. Basis ist eine positive Gestimmtheit.“
Und da wird nicht getüftelt? Akkorde extra ungewöhnlich vermindert oder erweitert? Besonders komplexe Rhythmen gesucht? Brinckmeier hält davon nichts. Diese Bastelei bringe nicht unbedingt etwas, meint er. Die Musik werde dann leicht emotionsarm. „Wenn man schon tüfteln will, dann am eigenen Timing, am Arrangement, an der Eleganz des Spiels!“ Vielleicht sei er ja ein wenig romantisch. Er brauche schöne Melodien, passende Harmonik.
Ist vielleicht lebensgeschichtlich bedingt. Sohn eines protestantischen Elternhauses. Abnabelungsversuche. Späteinsteiger ins Musikstudium in Amsterdam, Abschluss und dann der Praxisschock. „Kleine Brötchen backen“ in der Provinz Mecklenburg-Vorpommerns statt der zwar nicht geglaubten, aber doch erhofften Musikerkarriere. Dann wieder in Braunschweig und sehen, dass man als Musiklehrer über die Runden kommt, was sich vom Grundsatz her nicht mehr ändert. Typisches Schicksal.
„Man müsste vielmehr zusammen spielen. Wir sind zwar alle miteinander bekannt, auch befreundet. Aber gleichzeitig sind wir oft Konkurrenten. Viele Auftrittsmöglichkeiten gibt es ja nicht hier.“ Stimmt sicherlich, aber Brinkmeier ist auch nicht der Typ, der sich vermarktet. Da ist Rötgesbüttel wohl eher Fluchtort. Er spricht von laufenden Projekten: Solo-Piano, Duo mit Gesang, Klaviertrio und wird lebendig. „Ja, wenn man zusammen Musik macht, dann geht man in sich hinein und aus sich heraus. Mit Freunden eine CD wie „Elmweg“ einspielen, Auftritte bekommen, da ist dann ein Blick ins Freie.“ Ein anderer als der in der teilparzellierten Wiesenlichtung.
Aktuelle CD: Konrad Brinckmeier Quartet: Elmweg. 15 Euro. Vertrieb: kbrinckmeier@yahoo.de
Nächster Auftritt des Quartetts in der Bassgeige Braunschweig am 7. März 2015 20 Uhr